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Die Kunst der Cuvée

In der Welt der Weine gibt es solche, die aus nur einer Rebsorte erzeugt wurden, und Cuvées, für die gleich mehrere Rebsorten verwendet wurden. Warum ist das so? Hat es traditionelle Gründe oder regionale? Ist es eine Laune der Winzer oder hat es mit dem Geschmack zu tun? Dem gehen wir in den folgenden Absätzen auf den Grund.

Veröffentlicht am 20. März 2022

Am Anfang war der Gemischte Satz

In der Geschichte des Weins ist die Idee, Weine sortenrein zu erzeugen, noch sehr jung – und durchgesetzt hat sie sich erst in den letzten vier Jahrzehnten. Früher wurden in den Weinbergen sogenannte Gemischte Sätze angebaut. Das heisst, der Winzer hat mehrere unterschiedliche Rebsorten wild gemischt angepflanzt, sie gemeinsam geerntet und vergoren. In manchen Ländern und Regionen, wie zum Beispiel im Norden Portugals, sind die Gemischten Sätze heute immer noch üblich.

Mit dem modernen Weinbau hat man den Gemischten Satz allerdings zunehmend aufgegeben. Es ist für die Bearbeitung eines Weinbergs leichter, eigene Bereiche für die unterschiedlichen Rebsorten zu bilden. So kann man die einzelnen Rebsorten punktgenau zur richtigen Reife lesen und sie auch besser an die sich immer wieder verändernden Bodenstrukturen anpassen.

Der vermählte Wein

Trotzdem hat sich in vielen Regionen die Idee, Rebsorten zu einem Wein zu „vermählen“ gehalten. In Spanien beispielsweise sind alle klassischen Weine Cuvées. Moderne Kreationen werden dagegen auch häufig reinsortig ausgebaut. Letztlich ist es die Entscheidung des Winzers, wie er vorgeht und welchen Wein-Stil er kreieren möchte.

Entscheidet er sich für eine Cuvée werden die jeweiligen Rebsorten zum passenden Zeitpunkt geerntet, anschliessend einzeln vergoren und ausgebaut. Erst vor der Flaschenfüllung findet die Vermählung, der Verschnitt oder die Assemblage statt – es gibt mehrere Begriffe für diesen Vorgang. Hierbei werden die Grundweine mithilfe einer Pipette in einer Vielzahl an Variationen gemischt, bis das optimale Mischverhältnis entsteht – und der Winzer mit seiner Kreation zufrieden ist.

Dabei kann es vorkommen, dass die Winzer in jedem Jahr die Menge der verwendeten Rebsorten unterschiedlich gewichten. Jede Rebsorte bringt ihre ganz eigenen Charakteristika in einen Wein. Eine Cuvée sollte diese Eigenschaften bestmöglich vereinigen, sodass sie sich gegenseitig ergänzen oder ausbalancieren. Beispielsweise kann eine sehr säurehaltige Sorte mit einer eher aromatisch-fruchtigen Sorte cuvertiert werden, sodass sich Säure und Frucht im Geschmack ausgleichen.

Mittels einer Pipette wird der noch reifende Wein aus dem Fass entnommen.

Für das bestmögliche Ergebnis wird eine Vielzahl an Möglichkeiten ausprobiert.

Ein Beispiel für eine typische Cuvée

Eine typische rote Cuvée zum Beispiel ist die von Garnacha, Syrah und Monastrell, auch GSM-Cuvées genannt. In manchen Jahren reift die Garnacha im Weinberg besser, in anderen Jahren der Monastrell. Erzeugt der Winzer eine Cuvée, so kann er in einem Jahr weniger Garnacha verwenden und mehr Monastrell, in anderen Jahren ist es vielleicht umgekehrt. Hinzu kommt, dass sich aus den individuellen Eigenschaften dieser drei Rebsorten ein äusserst harmonischer Wein ergeben kann: Die Garnacha steuert viel Körper, Würze und rote Fruchtnoten zur Cuvée bei, hat aber nur wenig Farbe. Die erhält der Wein hingegen vom Syrah, der viel Farbe, Tannin, dunkle Fruchtnoten und Säure liefert. Monastrell sorgt für ein rundes Mundgefühl, weitere dunkle Fruchtnoten und Saftigkeit.

Erkennbar wird der Sinn einer Cuvée auch beim Cava, der traditionell aus Xarel.lo, Parellada und Macabeo besteht. Alle drei Sorten haben ihre Funktion in der Cuvée – für die passende Säure (Xarel.lo), die Frucht (Macabeo) und den Körper (Parellada). Sinn und Zweck einer Cuvée ist es also, eine perfekte Balance zu erhalten. Bei einem reinsortigen Wein dagegen ist es das Ziel, den Charakter einer einzelnen Rebsorte im Zusammenspiel mit Boden und Jahrgang herauszuarbeiten.

Reife Garnacha-Trauben kurz vor der Ernte.

Fazit

Es geht bei der Frage, sich für eine Cuvée oder für einen rebsortenreinen Wein zu entscheiden also nicht um die Qualität. Es geht eher um die eigenen Vorlieben. Eine Cuvée basiert auf der Tradition, viele verschiedene Rebsorten im Weinberg zu haben, die sich ergänzen, zusammen harmonieren und sich in der Cuvée gegenseitig ergänzen. Rebsortenreine Weine sind – bis auf ganz wenige Ausnahmen – erst in der jüngeren Zeit populär geworden. Sie folgen der Idee, einen ganz bestimmten Rebsorten-Charakter deutlicher hervorzuheben.